Lohnt sich das denn überhaupt noch?

Das ist der erste Kommentar, den ich von einer Freundin zu hören bekam, als ich ihr stolz und freudig mitteilte: „Ich werde den Führerschein Klasse A machen!“

Einen kurzen Moment stolperte ich über diese Bemerkung, aber umso eindeutiger fiel die Antwort aus: „Selbstverständlich! Spaß ist in jedem Alter das Richtige!“

Bevor ich fortfahre, hier ein wenig zu meiner Person: Ich bin Köftes immer wieder erwähnte „Sozia“. Sein Enthusiasmus über alles, was mit dem Motorrad und dem Fahren zusammenhängt, hat mich vor Kurzem endgültig und vollständig angesteckt: Am Heiligabend im Dezember 2015 auf dem Feldberg-Treffen war’s dann ganz um mich geschehen. Zu Fahrtbeginn schenkte Köfte mir eine Kutte mit sorgfältig ausgesuchten ersten Patches und da war ich schon stolz wie Oskar. Als wir dann in nebliger Höhe von 878 Metern unseren Weihnachtstee inmitten der tausend Motorräder und Biker schlürften und die Stimmung mir dort unter die Haut ging, war er auf einmal da – der Entschluß alles dafür zu tun, beim nächsten Mal als Bikerin selbständig dazu zu gehören, der Wunsch, selbst eines dieser herrlichen Zweiräder zu beherrschen und den eigenen Fahrtwind um die Nase zu spüren.

Seit dieser Entscheidung bin ich kaum noch zu halten.

Tja, damit bin ich wieder beim Ausgangsthema. Da ich im Moment in einem Vorruhestand-ähnlichem Schwebezustand bin stellt sich mir durchaus die Frage, ob dieser Führerschein auch in meinem Alter nicht nur Sinn macht, sondern überhaupt zu schaffen ist. Ich bin ja realistisch, auch was mich betrifft. Ein „spring chicken“ bin ich ja nun wirklich nicht mehr. Aber wie sieht es denn nun aus mit den körperlichen und geistigen Voraussetzungen im „reifen“ Alter?

Es gibt sicherlich verschiedenste Möglichkeiten, dies zu beurteilen, man könnte lange abwägen, sich ärztlich begutachten lassen und auf Fakten basierend eine reine Vernunftentscheidung treffen. Aber ich glaube nicht, dass es alleine darum geht. Was nützen die Fakten, wenn die Motivation irgendwie nicht so stimmig ist? Ich habe tief in mich hineingehorcht. Zwar komme ich zum Glück bezüglich der körperlichen Verfassung zu einem positiven Ergebnis, aber dennoch ist es mindestens genauso wichtig eine gehörige Portion Motivation und Selbstvertrauen mitzubringen. Diese Begriffe sind recht gediegene Worte für das, was ich empfinde: Ich brenne regelrecht darauf, eins mit meiner Maschine zu werden! Ich will sie unter meinem Hintern spüren, die Landschaft an mir vorbeifliegen sehen, den Wind fühlen, den satten Sound meiner Vulcan S hören und Herrin der Kurven werden!!

Als leidenschaftlich gern mitfahrende Sozia habe ich reichlich Einblick gewinnen können in das, was einen guten Fahrer ausmacht. Es geht nicht um Raserei und Fahren jenseits der Vernunft (das geht in meinem Alter vielleicht gar nicht mehr), sondern ich sehe im Motorradfahren eine Herausforderung an größtes Geschick und eigenem Können.

Von daher kann sich die Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, gar nicht stellen. Jede Herausforderung, die man annimmt, macht die Zeit, die einem geschenkt ist, umso lebenswerter und inhaltsreicher.

Meinen Mann hatte ich gebeten, hier im Blog Stillschweigen über mein Vorhaben zu wahren, da ich wenigstens die erste Etappe, die theoretische Prüfung, hinter mich bringen wollte. Er hat sich arg bemüht, die Katze nicht aus dem Sack zu lassen. Und nun habe ich es selbst in die Hand genommen, hierüber zu schreiben.

Inzwischen sind die Fahrstunden angelaufen, dort sehe ich erste Erfolge. Zum Beispiel kann ich den Notausschalter schon instinktiv betätigen und habe verinnerlicht, dass das Ziehen der Kupplung im Zweifelsfall meine Lebensrettung ist. Mehr dazu beim nächsten Mal.

7 Gedanken zu „Lohnt sich das denn überhaupt noch?“

  1. Igonia,
    nicht überlegen… einfach machen !!!
    Es gibt sie , die Für und Wider. Was tun. Wenn man ein Lüstchen für irgend etwas – in Deinem Fall das Selber fahren – hat,
    einfach machen und Basta !
    Wenn sich hinterher heraus stellt, das es doch nicht Dein Ding ist oder war, dann hast Du keine (Lebens ! )Zeit verschenkt um dies festzustellen.
    Mache Dein Ding, fahr mit den anderen Leuten mit, stiehl von der positiven oder auch negativen Fahrweisen mit den Augen und mache einfach Dein Ding. Punkt!

    Einfach mal an eine Seite seiner Grenzen kommen. Dieses Abenteuer tut gut.
    Wenn ich auf meiner Dicken unterwegs bin, fühle ich mich 10 Jahre jünger. (mindestens)…..und; die Motorradfahrer sind ja alle ein Menschenschlag für sich. Zumindest, wenn sie als solche unterwegs sind . 😉
    Und gib mal Obacht, wenn Du von Deinen Vorhaben, Erlebnissen und Unternehmungen, Freunden und Bekannten erzählst, die Dir das schlecht reden wollen — da blitzt immer etwas „Neid“ in den Augen mit auf.
    Das sind im Leben Normalspurfahrer. Aber wo käme man da hin, wenn man nicht ab und zu mal eine Weiche stellt ? Einheitsbrei.
    Man muß auch mal was „Verrücktes“ tun und wenn es ein 16/24er ist.

    Erasmus von Rotterdam hat mal gesagt:
    “ Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.“
    Ich setze mal noch Eines -für mich Wichtiges- von einer klugen Frau drauf:
    “ Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die Zeit vorbei in der man kann!“
    Lange Rede (meinerseits) kurzer Sinn: Führerschein machen und los. Erledigt !

    Daran halte ich mich, ich habe ja Alters- und Bestandsschutz zur Sicherheit 😉

    Man kann diese Betrachtungsweisen nicht nur auf das Motorradfahren beziehen…

    herzlichst
    Tornado

    Antworten
    • Tornado, du sagst es. Man muss eben sein Ding durchziehen, so wie man es selbst will. Und auch wann. Niemand kann die eigenen Motive so gut verstehen wie man selbst, da ist es schon praktisch, dass das Weichenstellen, wie du es nennst, in eigener Hand liegt. 😉
      Eins steht fest, wenn ich nicht etwas (oder auch ein wenig mehr?) verrückt wäre, hätte meinem bisherigen Leben ordentlich an Esprit gefehlt.
      Nun geht es auf zu neuen Abenteuern. Den Alters- und Bestandschutz nehme ich dafür auch gerne in Anspruch.

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    • Guuute Frage. Lang ist es her, dass ich dazu geschrieben hatte. Um genau zu sein der obige Beitrag liegt schon über 60.000km. Daran mag man erkennen, dass ich zur eingefleischten Bikerin mutiert bin. Die Frage, ob es sich noch „lohnt“ hat sich damit mehr als erübrigt. Die größte Herausforderung war bisher das Stilfser Joch (siehe Beitrag hier von Juli 2019 „Alpenurlaub“). Oben angekommen, war ich etwas atemlos von der flotten Fahrt und der Aufregung, aber superglücklich. Wenn es nach mir ginge, würde ich am Liebsten jeden Monat einen Pass in den Alpen nach den anderen bewältigen, das ist von meinem Wohnort allerdings nicht machbar. Aber wenigstens ein paar dürften dann bald mal ins Tourenprogramm aufgenommen werden. 😉

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