Reifen aus Flusspferdhaut – die Rhino Tires

Während meiner Streifzüge im Internet ist mir ein (scheinbar?) revolutionäres System gegen platte Motorradreifen aufgefallen. Wie in der Überschrift schon erwähnt, nennt es sich Rhino Tires. Die Webseite des U.S. amerikanischen Herstellers, http://www.rhinotire.com/, gibt als Information her, daß es bereits seit mindestens 2008 verkauft wird. Bei diesem System wird ein auf 248° Fahrenheit (120° C) erhitztes Gel von innen in den sich schnell drehenden (felgenlosen) Reifen gesprüht. Dieses Gel versiegelt nach der einen Angabe alle „Einstiche“, in einer anderen ist von allen Beschädigungen bis 1/4 Zoll (6,35 mm) Durchmesser zu hören. Auf vorgenannter Webseite ist in einigen Videos sehr detailliert die Aufbringung des Gels und die praktische Erprobung durch (mehrfaches) überfahren von Nagelbrettern sowohl von Motorrädern als auch mit einigen Pkws zu sehen. Mit einem Pkw-Reifen wird sogar das einschlagen eines Taschenmessers mit einem schweren Hammer demonstriert. Auch die in einigen Präsentationen zu sehende anschließende Dichtigkeitsprüfung durch aufsprühen von Wasser auf die Reifen zeigt tatsächlich keine Blasen. Wie zu sehen ist, versiegelt das Gel die Löcher umgehend nach dem entfernen des eindringenden Gegenstands aus der Reifendecke. So weit erst mal die Fakten von der Herstellerwebseite.

Das Produkt als solches hat mir generell erst mal sehr zugesagt, denn es ist nichts so lästig wie ein platter Reifen am Motorrad, weil man ja stets so viele Ersatzräder unter der Sitzbank mitführt. Also hab ich mal die Suchmaschine angeworfen und nach Händlern „in der Nähe“ gesucht. Fündig wurde ich erst wieder auf der Hersteller-Webseite unter Distributor. Boah, super, was ein Glück! Der Händler in Deutschland ist ja fast in der Nähe dachte ich beim Anblick der dargestellten Europakarte. Klick drauf – Tooltip: „Your location“ Ach echt jetzt? Danke daß mir gesagt wird, wo ich wohne… Also wo dann? Aha, Ukraine. Nee, ein bisschen weit. Bulgarien? Ach nö, dann ist der Reifen ja gleich wieder abgefahren wenn man zurück ist. Porto? Das ist für so ne Nummer auch etwas weit. Also: Abhaken.

Nun wurde ich natürlich neugierig, warum es nicht mal in unbequemer Nähe einen Anbieter für dieses Gel gibt. Also gleich mal Foren durchforsten und lesen. Die Argumente waren zum Teil nachvollziehbar, zum Teil auch aus Erfahrung gesprochen. Die Nachprüfbarkeit meinerseits ist natürlich nicht gegeben aber anhören kann man sich das Ganze dennoch.

Die eine Meinung war, daß das im Reifen eingesprühte Gel eine zusätzliche rotierende Masse ergibt und den Reifen als solches schwerer macht. Bei richtig hohen Geschwindigkeiten könnte das Gewicht des Gels den Reifen bei Nichtkontakt zur Straße durch die Fliehkraft nach außen ziehen und so die Laufruhe negativ beeinflussen.
Andere befürchten wiederum, daß das Gel den Reifen dicker macht, dadurch die Walkarbeit beim ständigen Wechsel Bodenkontakt / keinen Bodenkontakt behindert wird und der Reifen somit langsamer warm wird.
Ein weiterer Grund war die Angst davor, daß sich bei extrem hoher Geschwindigkeit und zwei dicht nebeneinander liegenden versiegelten Stellen der Reifen dennoch nachgibt und die Luft dann schlagartig entweicht.
Der einleuchtendste Grund für mich war jedoch die Überlegung, wie oft man einen platten Reifen am Motorrad hat? Die Antwort auf diese Frage wird natürlich je nach Einsatzbedingung des Fahrzeugs extrem stark abweichen. Ein leidenschaftlicher Crossfahrer wird definitiv eine viel größere „Chance“ auf einen Plattfuß haben, als ein Sonntagsfahrer auf der Autobahn. In dem von mir besuchten Forum schrieb ein User, er habe in 23 Jahren auf 150.000 Kilometern mit dem Motorrad noch keinen einzigen Platten gehabt und der nächste wußte anscheinend aus dem Stehgreif von 4 Plattfüßen (einen in Frankreich „in der Pampa“) zu berichten.

Zusammenfassend kann man also sagen, daß jeder für sich die Notwendigkeit einer solchen „Plattfuß-Prävention“ beurteilen muß. Für mich kann ich daher sagen, daß ich mit der klassischen „Reifenpilot-Dose“ wohl besser bedient wäre, als mit Flusspferden im Reifen. Einen Platten hatte ich in meiner über 25-jährigen Führerscheinkarriere nur einen einzigen und den hab ich auch noch mit einem Fahrfehler verursacht nach dem sogar die Felge ersetzt werden mußte. Nun verstehe ich auch, warum es in Europa so wenig Händler für Rhino-Gel gibt. Die Straßen sind hier einfach zu gut ausgebaut dafür.

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